|
|||
Reisezeit: 09.-16. August 2006 Start: Tegernsee, Deutschland Ziel: Riva del Garda, Italien Gesamtstrecke: ~446,7 km Fahrzeit: ~55 h Höhenmeter: ~7800 m Energieaufwand: ~25900 kcal / ~108440 kJ Wetter: nicht so regnerisch wie befürchtet, ~16-20°C |
|||
1. Tag: Mayrhofen Strecke: 86,8 km Fahrzeit: ~6,5 h Höhenmeter: ~1080 m Energieaufwand: ~4200 kcal / ~17585 kJ Endlich ist es soweit: Nach monatelangem Training lernt mein neues Stumpjumper die richtigen Berge kennen! Nach stunden- langer Anfahrt mit Auto und Bahn kann es kaum erwarten, in die Alpen aufzubrechen. Über die Monialm und die Erzherzog-Johann- Klause geht es zum Einrollen bis nach Mayrhofen im Zillertal. Die Sonne könnte vielleicht noch ein wenig mehr herauskommen, um das Kaiserhaus zu erwärmen: Der Kaiserschmarrn zu Mittag müßte nicht ganz so schnell abkühlen. Trotzdem spendet dieses anders- artige Essen, das sich noch auf der Terrasse einnehmen läßt, ein Gefühl von Urlaub. Kurz vor dem Ziel ereilt uns noch ein kleiner Regenguß, aber der kann uns jetzt auch nicht aufhalten. Abends verlangen wir die Portion Spaghetti Bolognese in "Radfah- rergröße". "Wenn Sie das aufessen können...", schmunzelt der Kellner. Den wie geschleckt sauberen Teller deckt er später wort- los wieder ab... |
|||
2. Tag: Pfitscherjoch Strecke: 75,0 km Fahrzeit: ~10,5 h Höhenmeter: ~1745 m Energieaufwand: ~5400 kcal / ~22609 kJ Heute fahren(?) wir übers Pfitscherjoch. Von Mayrhofen geht es hoch zum Schlegeisspeicher. Nach einer etwas zugigen Mittags- pause nehmen wir den Wanderweg in Angriff. Allerdings müssen wir nach kurzer Zeit feststellen, daß unsere Fahrtechnik nicht aus- gefeilt genug ist, um hier hochzufahren. Aber entgegenkommende Wanderer machen Mut: "Da hinten kann man wieder fahren!" Dann kommen wir doch noch auf die Höhe: 2216m über NN. Es geht sicherlich noch einiges höher, aber ich stelle heute einen neu- en Höhenrekord mit meinem Bike auf! Dafür ist es hier oben aber auch ganz schön kalt... Zur Abfahrt ins Pfitschtal reißt der Himmel auf, so daß sie noch mehr Spaß bringt. Trotzdem bin ich froh, daß ich zuhause in der letzten Minute auch die Langfingerhandschuhe eingepackt habe. Auch wenn wir auf der Abfahrt teilweise mehr als 74km/h errei- chen: Wir kommen nach diesem Tag erst ziemlich spät im Hotel an. So spüren auch die anderen Gäste im Restaurant etwas von unserer besonderen Tour, denn zum Duschen reicht es nicht mehr vor dem Essen... |
|||
3. Tag: Brixen Strecke: 59,2 km Fahrzeit: ~9,5 h Höhenmeter: ~1450 m Energieaufwand: ~4100 kcal / ~17166 kJ Bei Sonnenschein geht es erst einmal ganz entspannt nach Brixen, auch wenn der Radweg zwischendurch nur noch ein Waldweg ist. Wir brauchen noch Bahnfahrkarten für die Rückfahrt; deswegen wird die Pause schon zur Mittagspause, in der die Bikes in der Fußgän- gerzone bestaunt werden. Hinter Brixen geht es in die Berge: Eine lange Schotterpiste bringt uns unter anderem durch mehrere Bäche wieder auf gut 1700m, bevor wir nach St. Peter abfahren, wo unsere Unterkunft für die nächste Nacht sein soll. Dabei nehmen wir den einen oder anderen, mehr oder weniger starken Regenguß mit. Weil die Räder auf der Straße so gut rollen, verpassen wir beinahe die Einfahrt unserer Unterkunft. Dort werden die Räder direkt ne- ben dem Heizungskeller eingeschlossen, und die Regenkleidung kann dort auch gleich trocknen. Abgesehen davon dürfen wir auch noch die hauseigenen Maschinen für die Wäsche benutzen. |
|||
4. Tag: Schnee Strecke: 26,4 km Fahrzeit: ~6 h Höhenmeter: ~1275 m Energieaufwand: ~3000 kcal / ~12560 kJ Die vierte soll unsere Königsetappe werden: Geplant sind unge- fähr 56km bei gut 2000 Höhenmeter bergauf über zwei Bergketten. Von der Gschnagenhardtalm soll man einen traumhaften Blick auf die Dolomiten haben - leider können wir das kaum bestätigen, denn wir sind eigentlich nur in den Wolken unterwegs. Zusätz- lich haben wir große Probleme mit dem angeblich fahrbaren Weg hinüber zur Broglesalm. Insgesamt brauchen wir bis nach St. Ullrich im nächsten Tal viel länger als geplant. Dort entscheiden wir uns, ein Taxi bis nach Soraga di Fassa zu mieten, damit wir nicht noch Probleme mit dem Tageslicht bekom- men. Das stellt sich als gute Entscheidung heraus: Das, was auf dem Weg zur Broglesalm noch als Graupel herunterkam, ist jetzt am Sellapaß schon zum Schneetreiben geworden - und darauf sind wir nicht richtig vorbereitet! Während wir auf das Taxi warten, bildet sich ein Leichenzug und hält den ganzen Verkehr auf. Ungewollt erfahren wir, daß jemand jung verstorben sei - in den Sechzigern. Nach den doch recht niedrigen Temperaturen genießen wir heute das Bad im Whirlpool des Hotels und freuen uns auf das reichhal- tige Abendessen. Leider müssen wir jedoch mit Verständigungspro- blemen kämpfen, so daß die Portionen nicht so reichhaltig ausfal- len wie erwartet. |
|||
5. Tag: Bergankunft Strecke: 36,7 km Fahrzeit: ~8 h Höhenmeter: ~1490 m Energieaufwand: ~3600 kcal / ~15072 kJ Das Frühstück dauert heute etwas länger: Wir müssen das gestrige Abendessen ausgleichen. Dabei fallen wir unter den Gästen durch Verbrennen von Toast auf, denn der Toaster ist nicht so ganz ein- fach zu bedienen. Heute stehen drei Anstiege auf dem Programm: Bei Traumwetter und schönstem Alpenpanorama brechen wir von Soraga aus auf in Rich- tung Moena. Dort biegen wir ab auf Wanderwege in Richtung Karer- paß. Nach der Routenbeschreibung wäre der heutige Tag eigentlich entspannt. Immer wieder gibt es jedoch Überraschungen, die den Schweiß in Bächen rinnen lassen. Schön ist die Anfeuerung Annettes durch die Wanderer: "Brava, brava!" Andere wiederum sind etwas irritiert: "Sie fahren hier entlang? Mit dem Fahrrad?" Hinterm Karerpaß schlagen wir uns wieder in einfacheres Gelände, von wo man schon einen Blick auf unser Tagesziel werfen kann, den Passo Oclini und das Hotel Schwarzhorn. Ja, heute gibt es eine Bergankunft auf 2000m! Auf dem Weg dorthin besuchen wir die Epircher-Laner-Alm, um dort sehr leckeren Kuchen zu genießen. Danach geht es durch den Wald abwärts zur letzten Steigung des Tages. Diese führt uns über den Passo Lavazze hoch zum Hotel, wo wir trotz Einhaltens unseres Zeitplans als letzte Gäste schon erwartet werden. Unterwegs lernen wir aber auch noch, daß das Helmtragen im Wald sehr viel Sinn machen kann: Als der Wind auffrischt, wird Stefan beinahe vom Tannenzapfen erschlagen... |
|||
6. Tag: Die Villa Strecke: 86,3 km Fahrzeit: ~9 h Höhenmeter: ~335 m Energieaufwand: ~3000 kcal / ~12560 kJ Es herrscht Regenwetter, als wir die Fahrt über ca. 1800 Höhen- meter bergab aufnehmen. Vorbei an der Jochgrimmhütte, und bloß nicht von Kühen aufhalten lassen! Mit der Zeit wird auch das Wetter wieder besser, so daß wir auf der ehemaligen Bahntrasse hinunter nach Auer einfach entspannt dahinrollen können. Sie hat genau das richtige Gefälle, daß man sich um nichts kümmern muß. In Neumarkt machen wir gemütlich Pause, bevor wir an der Etsch entlang nach Trento radeln. Jetzt wird klar, warum die Transalp eigentlich in Auer bzw. sogar in Montan zuende ist: Die fahr- technischen Tücken haben wir in den Bergen hinter uns gelassen. Jetzt rollt es sich fast von alleine, nur auf die vielen ande- ren Radfahrer muß man noch aufpassen, während man die Landschaft genießt. So viel verändert sich aber an der Landschaft nicht, dafür sind wir nicht schnell genug. Also zieht sich die Etappe etwas hin... Auch, wenn es unterwegs wieder eine Dusche gibt, fahren wir bester Laune in Trento ein. Dort schauen wir uns noch ein biß- chen in der Innenstadt um, bevor wir die letzten Höhenmeter zum Hotel machen. Beim Müßiggang schweifen die Gedanken ab: Die Besitzer der Eiscafés bei uns in Deutschland sind doch die Italiener. Warum finden wir dann in Italien eigentlich kein Eis- café? Falls wir uns noch nicht darüber gewundert hatten: Der Begriff "Schotter" in der Wegbechreibung stellt sich inzwischen als über- aus dehnbar heraus: Der tatsächliche Untergrund kann vom Forstweg bis zur Militärstraße variieren, und Schottersteine haben unter- schiedlichste Durchmesser... |
|||
7. Tag: Geschafft! Strecke: 54,4 km Fahrzeit: ~4 h Höhenmeter: ~180 m Energieaufwand: ~1600 kcal / ~6700 kJ Auf der tour d'honneur wundern wir uns schon, wo die Höhenmeter dieses Tages herkommen sollen, als die Streckenführung plötzlich auf ein sehr steiles Stück abweicht. Dieses ist allerdings rela- tiv kurz, so daß es allein auch nicht der Grund sein kann. In Mori geht es auf eine alte Kopfsteinpflasterstraße, die Strek- ke für den Downhill an den Lago di Garda. Dieser Abschnitt for- dert noch einmal alle Konzentration (und auch seinen Tribut), doch am Ende kommen wir in Torbola fast am Ufer des Sees heraus. Wir haben es geschafft! Halt, zu früh gefreut: Wir müssen ja noch weiter nach Riva. Aber die letzten Kilometer sitzen wir jetzt auch noch ab - immerhin haben die Bikes jetzt schon einmal das Wasser gesehen! Es herrscht schönes Wetter am See, sämtliche Flächen sind voll mit Sonnenanbetern, und plötzlich sieht man so viele Biker. Riva ist also tatsächlich deren Mekka... Wir genießen nach frühem Einchecken im Hotel den See und die Alt- stadt. Allerdings sind wir nach den letzten Tagen ein wenig der Menschenmassen entwöhnt, so daß wir eher Abstand vom Trubel neh- men. |
|||
8. Tag: Regen... Strecke: 21,9 km Fahrzeit: ~1,5 h Höhenmeter: ~250 m Energieaufwand: ~1000 kcal / ~4187 kJ Wie kann es heute so schütten, wo es gestern doch so schön war? Egal, da müssen wir jetzt durch, denn unser Zug fährt leider zu einer festen Zeit in Rovereto ab. Also quälen wir uns noch einmal bei absolutem Sauwetter den Berg hinauf. Kurz vor dem Bahnhof müssen wir an einer Ampel halten: Dort ist eine große Pfütze, und der eine Rechtsabbie- ger darf fahren: Annette hat zufällig dieselbe Geschwindigkeit und bekommt so daß ganze aufspritzende Wasser ab. Unwillkür- lich muß ich lachen, denn so gut muß man das erst einmal koor- dinieren. Völlig durchnäßt kommen wir viel zu früh am Bahnhof an, aber auch nach dem Anziehen trockener Wäsche wollen wir nicht mehr in die Stadt. Nach und nach treffen immer mehr Biker ein, von denen wir ge- stern ein paar schon gesehen haben. Die Gemeinde ist zwar groß, verteilt sich aber gut über die Alpen. Nur an den Sammelpunk- ten trifft man garantiert welche... Der eigentliche Transportwagen ist nicht zugänglich, deswegen dürfen alle ihre Räder in einem Extrawaggon zwischen den Sitz- bänken verkeilen. Nicht nur ich habe ein mulmiges Gefühl, als ich meinen treuen Weggefährten allein stehenlassen soll. Wird schon gutgehen, und: Es sind ja auch genügend andere da... Am Brenner ist der Waggon für Fahrradmitnahme viel schneller voll, als alle erwartet haben. Der Zugbegleiter kommt kaum noch durch - uns soll es rechtsein. Zurück in München beschließen wir die Reise, wie sollte es anders sein, natürlich beim Italiener. Stolz darauf, unsere erste Trans- alp heil überstanden zu haben, genießen wir einmal mehr das gute Essen und erinnern uns gegenseitig an die vielen, unterschiedli- chen Eindrücke der Fahrt... |
|||
Allgemeine Hinweise: In verschiedenen Hotels und Gaststätten ist es möglich, die Wäsche über Nacht waschen und trocknen zu lassen: viele Besitzer sind sehr hilfsbereit. Navigation per GPS mit vorher einprogrammierter Route ist eine feine Sache. Viele kurze Stopps zur Orientierung werden dadurch vermieden, so daß der Fahrspaß erhalten bleibt. Die Benutzung ist unbedingt zu empfehlen! Langfingerhandschuhe im Gepäck zu haben ist auch im Sommer ein guter Tipp. Wenn man nicht so viele Biker unterwegs treffen möchte, dann lohnt sich die Variante, nicht von Samstag bis Samstag zu fahren. Insbesondere der Zug für die Rückfahrt ist dann wohl nicht so voll. |